van Helsing, Abraham | |
Werner Hinz | |
"Dracula ist in England!" "Da! Siehst du das heilige Zeichen? Zurück!" "Ich muß sie pfählen! Ihr diesen Holzpflock ins Herz treiben! Nur so kann sie erlöst werden." "Wir haben Sie verstanden. Und wir können warten, Dracula!" "Harker! Das Kreuz!" |
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Älterer niederländischer Gelehrter von der Universität Leiden, der "hauptsächlich Mediziner" ist, dessen private Studien aber "vornehmlich der Mystik und allen irgendwie bekannten Erscheinungsformen abergläubischer Vorstellungen der Völker" gelten. Jonathan Harker kann sich glücklich schätzen, nach seiner Rückkehr aus Transsylvanien an Abraham van Helsing geraten zu sein, denn solch einen Experten findet man nicht alle Tage. Gerade weil van Helsing sich mit Dingen beschäftigt, über die seine Kollegen aus den natur- und geisteswissenschaftlichen Fakultäten nur die Nase rümpfen, versucht er seine Forschungen möglichst seriös und streng positivistisch zu betreiben: So ist er von der Existenz Draculas erst überzeugt, als er hört, im Hafen sei ein "führerloses Schiff"
eingelaufen, von dem ein "wolfsähnlicher Hund" gesprungen sei. Dieses Indiz mag uns Nicht-Vampirologen vielleicht ein wenig hanebüchen erscheinen, ist in Verbindung mit den Logbucheinträgen des Kapitäns aber
der Beweis, den der erfahrene van Helsing braucht. Auf Harkers Bericht hingegen scheint er nichts zu geben - solche Schilderungen junger, unerfahrener Leute hat er wohl zu oft gehört, um ihnen noch ohne
weiteres glauben zu können. van Helsing ist aber nicht nur ein unermüdlicher Forscher, sondern auch ein Mann der Tat. Den Kreuzzug gegen den Vampir nimmt er selbst in die Hand. Harker fungiert hier nur als sein Assistent, wobei er den Professor mit seiner Unbedarftheit aber eher behindert, als daß er ihm nützlich wäre. Ständig muß van Helsing auf seinen Schützling aufpassen, der keine Gefahr als solche erkennt. Als die beiden auf die zum Vampir gewordene Lucy treffen und Harker sich ihr direkt in die Arme werfen will ("Ja, Lucy ..."), ist es van Helsing, der ihn zurückhält: "Harker, um Gottes Willen! Sehen Sie denn nicht die messerscharfen Vampirzähne, die ihr gewachsen sind?" Und als der junge Mann später auf Schloß Dracula wieder an eine Vampirin gerät und nicht die geringste Initiative zeigt, sich zu schützen, beginnt van Helsing hörbar zu verzweifeln: "Halten Sie ihr doch das Kreuz entgegen, Harker!" Das klingt manchmal nach besserwisserischer Gängelei, aber der Professor meint es ja nur gut.
Den glücklichen Ausgang des Abenteuers hat das junge Paar denn auch nur dem zunehmend resignierenden van Helsing zu verdanken: Daß van Helsing danach keine Lust mehr hat, auch Dracula selbst noch unschädlich zu machen, kann ihm nach all den Erlebnissen und vor allem der spektakulären Flucht niemand übelnehmen - schließlich ist er nicht mehr der Jüngste, und der Streß mit Dracula UND Harker hat ihm wohl endgültig gereicht. In der Gruselserie ließ er sich denn auch nicht mehr blicken. (dl) |
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© Die Gruselseiten (22. Februar 2002)